Klaus Brinkbäumer, Chefredakteur
Der Spiegel, nimmt Abschied von Guido Westerwelle:
Der politische Betrieb stockte am Freitag, und dann verstummte er, ungläubig. Guido Westerwelle ist tot. Es war einer dieser Nachrichten, die so grausam sind, so gemein, dass man sie selbst dann nicht glauben kann, wenn man sie erwartet hat. Westerwelle, ehemaliger FDP-Vorsitzender, ehemaliger Außenminister, wurde nur 54 Jahre alt; er hatte die Qualen der Leukämie und die Qualen der Knochenmarktransplantation überstanden, so schien es, und dann überstand er all das eben doch nicht. Im November 2015 hatten mein Kollege Dirk Kurbjuweit und ich die Gelegenheit und durchaus die Ehre, mit Westerwelle über sein Leben und auch sein Leben mit dem Krebs zu sprechen: "Ich will weiterleben" hieß der SPIEGEL-Titel (den ganzen Text können Sie hier lesen). Wir sprachen in Köln über den Moment der Diagnose und fragten: "Haben Sie sich sofort mit dem Thema Tod befasst?" "Ja", sagte Westerwelle, "der Gedanke ist sofort da. Sie sitzen da, vergießen Tränen, Sie sind sehr traurig, und die Wahrscheinlichkeit ist ja nicht so groß, dass man diese Art von Leukämie überlebt. Ein wichtiger Gedanke war aber auch, dass ich in die Jahre meines Lebens viel hineingepackt habe. Ich habe viel erlebt, vieles gesehen und habe nichts versäumt." "Sie hatten ein perfektes Leben?" Und Westerwelle antwortete: "Das gibt es nicht, ich habe Menschen gekränkt und Fehler gemacht, aber ich wusste, dass ich ein erfülltes Leben gehabt hatte. Meine Antwort auf die Frage 'Was bereuen Sie?' wäre der Klassiker gewesen: Ich habe zu viel gearbeitet."
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DPA |